Woche 8 / 4.–10. Mai

Sonntag, 10 Mai – Yvonne Meitner

Muttertag ohne Mutter bzw. Kinder/Enkelkinder?

Eigentlich bin ich vier Tage zu spät, aber die Idee hat mich dermassen begeistert, so dass ich doch noch in einem Blog-Beitrag von ihr erzählen muss: Durch ihre Umsetzung kann vielleicht sogar ein Aufsteller am Muttertag werden, wenn man seine Mutter bzw. die Kinder/Enkelkinder nicht in die eigenen Arme schliessen kann.

Stunde der Gartenvögel, mit dieser Aktion der Organisation Birdlife sind wir aufgefordert worden, vom 6. bis 10. Mai für eine Stunde in unserem Garten, auf unserem Balkon oder vom Fenster alle Vögel zu zählen und die Beobachtungen online oder per Post an Birdlife mitzuteilen. Sie kennen gar keine Vögel? Gar kein Problem! Für solche Fälle gibt’s die Broschüre «Stunde der Gartenvögel» mit den 40 häufigsten Vögeln im und um den Garten: in Bild, Text und online gar mit Ton.

Auch wenn es nun bereits der letzte Tag der offiziellen Aktion ist, kann meiner Meinung nach immer noch nach den Vögeln rund um unser Zuhause Ausschau gehalten und sie gezählt werden.

Oder hat jemand von Ihnen bei der Aktion mitgemacht? Falls ja, würde mich das Resultat interessieren, teilen Sie es mir mit?


Samstag, 9. Mai – Martin Günthardt

Isolation

Seit meiner Teenagerzeit bin ich auch ein grosser Beatles-Fan. Besonders gründlich habe ich mich mit John Lennon beschäftigt, der am 8. Dezember 1980 auf tragische Weise in New York erschossen wurde.

In seinem ersten Soloalbum verarbeitete er nicht nur die Trennung der berühmtesten Band aller Zeiten, sondern auch seine schwierige Jugend mit dem frühen Verlust seiner Mutter. Julia Lennon wurde von einem Auto erfasst und tödlich verletzt, als John 17 Jahre alt war. Im Gegensatz zu den orchestralen Spätwerken der Beatles mit komplexen Arrangements, sind diese Lieder bewusst nur mit Klavier, Bass und Schlagzeug instrumentiert. John Lennon singt und schreit mit seiner einzigartig verletzlichen Stimme seinen Schmerz und seine Einsamkeit in die Welt heraus.

Eines der Lieder trägt den Titel „Isolation“. Es ist mir in diesen besonderen Tagen wieder eingefallen und ich habe es auf You-Tube gesucht. „Das ist die Hymne für die Corona-Zeit“, schrieb jemand in den Kommentaren.

Die erste Strophe lautet:

People say we got it made,
Don’t they know we’re so afraid
Isolation.
We’re afraid to be alone.
Everybody got to have a home.
Isolation.

Die Leute sagen, wir haben’s geschafft.
Wissen sie nicht, dass wir Angst haben,
Isolation.
Wir haben Angst allein zu sein.
Jeder sollte ein Zuhause haben.
Isolation.

John Lennon, der Superstar und Held einer ganzen Generation, gesteht, dass er Angst hat allein zu sein. Dass er Angst vor Einsamkeit hat, Angst von anderen Menschen ausgegrenzt und isoliert zu werden.

Wie vielen Menschen geht es gerade jetzt so? Sie fühlen sich in ihrer Angst missverstanden. Und gleichzeitig haben sie Angst unter Menschen zu gehen, weil sie sich unsicher fühlen und befürchten, angesteckt zu werden. Es ist schwierig, diesen Kreis zu durchbrechen.

Wir spüren alle die Herausforderung, die Isolation, welche das Virus geschaffen hat zu durchbrechen, weil es uns nicht gut tut. Und gleichzeitig braucht es Geduld und Verständnis für und miteinander. Wir haben auch als Gesellschaft Angst. Nur miteinander können wir diese überwinden.

John Lennon – Isolation:


Freitag, 8. Mai – Anne-Marie Müller

Ich bin der Weg.

Im Laufe meiner Bibliodrama-Ausbildung bekamen wir ein spezielle Aufgabe: Wir lasen zu zweit einen Psalm. Statt seinen Inhalt zu analysieren und besprechen, sollten wir dem Gegenüber eine Rolle zuweisen: «Sei mal das Licht!», «Sei mal das Schaf!» und so weiter. Der/die Angesprochene sprach dann in dieser Rolle: «Ich leuchte ganz hell….», „«Ich folge einem Hirten…», «Ich habe mich verlaufen» …

Ich weiss nicht mehr, welcher Psalm uns zugewiesen wurde. Aber sehr deutlich erinnere ich meine Verblüffung, als mein Geprächspartner sagte: «Sei der Weg.»

Was darauf aus meinem Mund kam, hat mich dann eine Weile beschäftigt. Und es hat sich in mir verbunden mit der Aussage von Jesus: «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben». Und weil ich ich bin, wurden daraus dann Gedichte. Hier das erste davon:

Christus spricht: Ich bin der Weg.

Weg
bin ich
ausgestreckt
immer dazwischen
nicht mehr da
noch nicht dort

Doch
Schritt für Schritt
trag ich dich
halt ich dich
führ ich dich
hier
und jetzt


Donnerstag, 7. Mai – Jens Naske

Endlich wieder einmal Fussball

Gestern Abend gab es wieder einmal Fussball im Fernsehen. Natürlich nur als Wiederholung. SRF 2 zeigte den legendären Halbfinal der Champions League 2019 zwischen dem FC Liverpool und dem FC Barcelona.

Seit meiner Schulzeit ist der FC Liverpool einer meiner Lieblingsvereine. In meiner Schulklasse standen alle Jungs auf den englischen Fussball und ganz besonders auf die «Reds» aus der Arbeiterstadt an der Mündung des Mersey River. Heute ist meine Fussballbegeisterung zwar eher abgekühlt und die Fussballübertragungen im Fernsehen verfolge ich kaum. Aber wenn Liverpool spielt, ist mir das immer noch einen Abend wert. Der Match, den SRF 2 gestern zeigte, war einer der Besten der vergangenen Jahre! Er ging 4:0 aus – für Liverpool natürlich. Legendär war der letzte Goal, den die Liverpooler nach der trickreichen Ausführung eines Corners erzielten.

Sie meinen, das sei doch kalter Kaffee. Sie meinen, es würde die Spannung fehlen? Sie meinen, man hätte ja schon vorher gewusst wie es ausgeht? Ja, aber das war ja gerade das Schöne! Ganz entspannt konnte ich mich vor den Bildschirm setzen. Ich musste mich nicht ständig fragen: Schaffen sie es noch (Barcelona hatte das Hinspiel 3:0 gewonnen). Mein Blutdruck wurde geschont. Und ich habe mir vorher sogar aufschreiben können, wann die Goals fallen, um im Fall an den Kühlschrank gehen zu können, ohne etwas zu verpassen. Derart gelassen konnte ich mich endlich einmal auf die Feinheiten des Spiels konzentrieren, auf technische Tricks und taktische Finessen; das was ich am Fussball am Liebsten habe. Und so hatte ich gestern einen ganz wunderbaren Abend.

Wenn es nach mir ginge, könnte die Spielpause noch lange weitergehen. Es gäbe noch genügend Begegnungen aus der Vergangenheit, die ich gern noch einmal in solcher Weise relaxt anschauen würde. Aber vielleicht wird SRF 2 diese Serie von Wiederholungen auch nach der Krise fortsetzen. Dann könnte man schliesslich wieder Freunde dazu einladen und die Taktiken und Schiedsrichterentscheidungen kontrovers diskutieren. Das ist dann noch einmal schöner!


Mittwoch, 6. Mai – Jens Naske

Anfechtungen

Ich kann gut mit mir selbst sein. Ich kann auch gut warten. In dieser Hinsicht sind die letzten Wochen für mich persönlich unproblematisch gewesen. Was mich aber von Anfang an in dieser Krise befallen hat, ist die Anfechtung.

Die religiöse Bedeutung des Begriffs «Anfechtung» ist in der Umgangssprache kaum mehr gebräuchlich. Die meisten Menschen kennen das Wort Anfechtung nur im juristischen Zusammenhang, im Sinne von «ein Urteil oder ein Testament anfechten». Als religiöser Ausdruck steht der Begriff Anfechtung dagegen für eine Krise, in der existentielle Gewissheiten in Frage gestellt werden. Auch wenn das Wort in dieser religiösen Bedeutung allgemein wenig Verwendung findet, ist es in der gegenwärtigen Theologie nach wie vor aktuell. So haben Professoren der theologischen Fakultät der Universität Zürich im Jahr 2016 ein Buch herausgegeben mit dem Titel «Anfechtung – Versuch der Entmarginalisierung eines Klassikers». Darin beleuchten Professorinnen und Professoren diverser Teildisziplinen der Theologie die verschiedenen Facetten dieser Thematik. Theologisch ist der Begriff noch lange nicht museal.

Nun ist es nicht mein Glaube, den ich in dieser Zeit als besonders angefochten empfinde. Zwar gehört die Anfechtung des Glaubens immer zum Leben eines Christenmenschen hinzu wie die Butter zum Brot. Ein Glaube ohne Anfechtung taugt nichts, weil er oberflächlich ist. Aber gerade in den letzten Wochen bin ich mir meines Glaubens eigentlich sehr gewiss gewesen. Was mich vielmehr umgetrieben hat, ist, dass zentrale Überzeugungen meines Lebens für mich fraglich geworden sind. Was ich meine sind Überzeugungen wie die, dass die westlichen Konsum- und Shoppinggewohnheiten übertrieben sind, uns Benzin- und Kerosinverbrauch zu hoch und unsere Kraftfahrzeugflotte zu gross ist. Gefährden wir mit unserem Ressourcenverschleiss nicht die Zukunft dieser Erde und damit unserer Kinder? Was ich jetzt sehe: nur ein paar Wochen mit weniger Konsum führen dazu, dass eine grosse wirtschaftliche Krise bevorsteht, bzw. schon da ist. Kann ich als Pfarrer weiterhin mit guten Gewissen zu einem konsumarmen Leben ermuntern? Muss man in dieser Situation die Menschen nicht auffordern, soviel zu konsumieren wie geht, um die Wirtschaft in Schwung zu halten? Ist es ethisch vertretbar zu sparen, wie ich es gewohnt bin mit Blick auf meine Altersvorsorge? Solche und ähnliche Fragen stelle ich mir zu Hauf. Und ich frage mich selbstkritisch, ob der oft gehörte Vorwurf, Theologen würden über wirtschaftliche Fragen sprechen, für die sie keine Fachleute seien, nicht sein Recht hat.

Aber vielleicht ist es ja gar nicht schlecht, wenn allzu feste Überzeugungen hin und wieder hinterfragt werden. Vielleicht finden wir neue gesellschaftliche Bündnisse jenseits der alten politischen Abgrenzungen, um in Bezug auf Umweltverträglichkeit und soziale Gerechtigkeit neue, innovative Wege einzuschlagen.


Dienstag, 5. Mai – Anne-Marie Müller

Montag, 16 Uhr: Ich bin da. In der Kirche.

Mein Bedürfnis, präsent sein zu können für die Gemeinde, darf ich jetzt ausleben, darf in der Kirche sein bei offener Tür, mit brennender Osterkerze. (Mit genügend Abstand, mit Desinfektionsmittel, mit bereit liegender Maske).

Kommt jemand? Sucht jemand die Stille im Kirchenraum? Oder ein Gespräch?

Und wenn niemand kommt: bedeutet das, dass es eine blöde Idee war, hier ein Zusammensein anzubieten?

Nein. Mir ist es wichtig, hier zu sein, als Angebot, als Signal: da ist jemand! Vielleicht weiss jemand: dort ist jemand. Ich könnte da hingehen.

Ich bin da. Auch wenn niemand kommt.

Ich bin da und denke an die Menschen, die ich nicht besuchen kann, die sich nicht getrauen, anzurufen. Ich denke an die Menschen, denen ich hoffentlich bald wieder begegnen darf.

Ich bin da und höre auf die Stille. Und sage es mir vor, was ja immer wahr ist: Gott ist hier. Er sieht uns und hört uns, kennt unsere Gedanken von ferne (Psalm 139). Vielleicht legt er seine Hand auf mich.

Ich bin da. Mit Gott.

Gebet von Sabine Naegeli: 

Auf dich warten,
mein Gott,
auch wenn es lange Zeit braucht,
bis die Unruhe
sich legt in mir.
Auf dich warten,
mein Gott,
auch wenn meine Sinne
dich lange nicht wahrnehmen.
Auf dich warten,
auch wenn die Fluchtimpulse
mich zu überwältigen drohen.
Auf dich warten.
Annehmen,
dass ich dein Nahesein
nicht erzwingen kann.

Während ich auf dich warte,
mein Gott,
werde ich gewahr,
dass ich erwartet bin
von dir,
dass du mich unablässig lockst,
bis ich es wage,
mich dir zu lassen.
Da bin ich, mein Gott.
Da bin ich.


Montag, 4. Mai – Jens Naske

Star-Wars-Tag

Die langen Abende der letzten Wochen führen dazu, dass ich öfter als sonst in die Tiefen des Internets abtauche. Dabei entdecke ich hin und wieder Interessantes, das ich gern mit anderen teile. So habe ich z.B. herausgefunden, dass heute am 4. Mai der «Star-Wars-Tag» ist.

Das Datum verdankt sich einem Wortspiel. In englischer Sprache heisst der heutige Tag «May, the fourth». Das erinnert an einen bekannten Ausspruch, der immer wieder in den Filmen vorkommt: «May the force be with you» («Möge die Macht mit dir sein»).

Die Leidenschaft für die Star Wars Filme ist etwas, das nicht selten Väter und Söhne verbindet. So auch bei mir. Als der erste Film der Serie in die Kinos kam, war ich 14 Jahre alt. Und mein ältester Sohn hat schon als Kind die Raumschiffe aus den Filmen mit Legosteinen nachgebaut.  Bis heute sind es besondere Momente, wenn wir vor dem Fernsehgerät sitzen, um einen Star-Wars-Film anzuschauen. Ich mag es, wenn sich in unserer schnelllebigen Zeit solche Vorlieben über mehrere Generationen erhalten.

Für mich als Pfarrer waren von je die religiösen Elemente der Filme von besonderem Interesse: der Kampf zwischen Gut und Böse; die Jedi-Ritter, die sich einer Art Mönchtum verpflichten, ähnlich den Ordensrittern vergangener Zeiten; und natürlich immer wieder die «Macht», die über allem steht und Menschen ausgewöhnliche Kräfte verleihen kann. Vor allem habe ich immer gehofft, dass die Filmreihe Menschen dazu bewegt, sich auch mit dem Original zu beschäftigen, mit der Bibel, in der ich eine der Vorlagen erkenne.

In diesem Sinn: Möge die Macht heute mit Ihnen sein!
Oder besser doch im Original: Behüt’ Sie Gott!