Wie Begegnungen und Kreativität wieder möglich werden

Ein Leben ohne wirkliche Begegnungen und ohne Kreativität ist langfristig nicht denkbar. Das Atelier Sonnegg der reformierten Kirchegemeinde 10 setzt deshalb alles daran, dass seine Kurse in einem sicheren Umfeld stattfinden können. Ein Beitrag von Patricia Senn im “Höngger” in der Ausgabe vom 3.9.2020

Während des Lockdowns kamen auch alle kulturellen und kreativen Angebote zu einem Stillstand. Wie ist es möglich, unter den neuen Bedingungen Begegnungen und Kreativität leben zu können? Mit dieser Frage beschäftigte sich auch Brigitte Schanz, Leiterin des Atelier Sonnegg. Ihr Ansatz war ein pragmatischer: Welche Anpassungen sind nötig, um die Gestaltungs- und Bewegungskurse weiterhin durchführen zu können und einen weiteren Lockdown zu verhindern? Und wie können Rahmenbedingungen geschaffen werden, damit sich die Teilnehmer*innen an den Kursen sicher sind und wohl fühlen?

Also erarbeitete die gelernte Pädagogin ein dreiseitiges Schutzkonzept für ihre Kursleiter*innen. «Es war ein Prozess, durch den ich selber erst gehen musste», sagt Schanz. An die neuen Regeln, da ist sie überzeugt, wird man sich gewöhnen können. Das eigene Getränk mitzubringen, regelmässig zu Lüften und die Hände oft zu waschen oder zu desinfizieren gehörten dazu. «Immer einen Abstand von 1,5 Metern halten zu müssen, fühlt sich für uns unnatürlich an, sagt Schanz. Ihn dennoch einzuhalten, sei aber essentiell, denn es gehe auch um gegenseitigen Respekt: Es gibt Menschen, denen die Nähe heute Angst mache. Eine Idee ist, eine Art Codewort einzuführen, das jemand aussprechen kann, wenn jemand ihm oder ihr zu nahekommt. Dabei gehe es nicht darum, die Angst zu schüren, sondern im Gegenteil eine Atmosphäre zu schaffen, in der jederzeit geäussert werden dürfe, wenn der Abstand nicht eingehalten wird, ohne sich rechtfertigen zu müssen.

Am vergangenen Montagabend trafen sich nun die Kursleiter*innen und die Organisatorin im Sonnegg für ein Wiedersehen und um die ersten Ideen für das Programm des nächsten Jahres auszutauschen. Manche hatten ihre Kurse in den vergangenen Monaten sogar online angeboten. In der Mitte steht ein grosser Strauss Sonnenblumen, darum herum hat Brigitte Schanz in einem grossen Kreis mit genügend Abstand für jede Teilnehmer*in zwei Stühle aufgestellt: Einen zum Sitzen, einen als Tisch. Dank des Abstands können die Masken abgezogen werden. Die Leiterin des Ateliers schenkt den Gästen die Getränke mit Mundschutz und gereinigten Händen selber ein und nach dreissig Minuten erklingt zum ersten Mal ein Lied vom Handy: Zeit zum Lüften. So erleben die Kursleiter*innen gleich selber, wie die Massnahmen des Schutzkonzeptes umgesetzt werden können. «Der Austausch heute Abend ist sehr wichtig, denn für uns alle ist die Situation neu, es gibt immer wieder offene Fragen, und bei dieser Gelegenheit können ein paar davon hoffentlich beantwortet werden», so Schanz.

Kursleiter*innen nehmen ihre Verantwortung wahr

Maximal acht Personen dürfen an den Kursen im Atelier teilnehmen. Jeder hat seine eigenen Herausforderungen: Der auf grosses Echo gestossene Line Dance ist diese Woche gestartet. Die Gruppe, welche im Saal tanzt, wurde halbiert, damit mehr als genug Raum vorhanden ist. Da es kein Paartanz ist, sondern jede*r für sich tanzt, gibt es hier eigentlich keine Schwierigkeiten mit dem Abstand. Beim ebenfalls gut besuchten Näh- und Upcycling-Kurs sind die Arbeitsplätze ohnehin weit genug von einander aufgestellt, so dass die Maske zum Nähen nicht mehr getragen werden muss. Für alle gilt: Wenn im Raum, der Garderobe oder der Toilette die 1,5 Meter nicht eingehalten werden können, Maske auf. Die sieben Frauen und ein Mann, die an diesem Abend erschienen sind, nehmen die Ausführungen der Atelierleiterin sehr ernst. Immerhin tragen sie auch eine Verantwortung und wollen diese wahrnehmen. Schlussendlich ist aber auch eine Eigenverantwortung der Kursbesuchenden wichtig. Für Kochkurse oder gemeinsames Backen müssen die Veranstalter*innen kreativ werden, wie sie diese durchführen können, aber Schanz ist zuversichtlich, dass sich eine Lösung finden lässt. Bei den Bewegungskursen, wie im Pilates, das vielleicht im kommenden Jahr angeboten wird, sei die Mimik schon auch wichtig, denn sie gebe Anzeichen, ob jemand Schmerzen habe oder sich nicht wohl fühle, sagt Jenny, gelernte Physiotherapeutin, die neu zu den Atelier Kursleitenden gestossen ist. Wichtig sei, dass die Leute das «Auf-Distanz-Gehen» nicht persönlich nehmen. Wie Schanz ist aber auch sie überzeugt, dass man sich an die neuen Umstände gewöhnen wird. Wichtig ist, dass wieder Begegnungen stattfinden können, und dass die Kreativität wieder ausgelebt werden kann, mit Körper und Geist.

Zum Bild: Beim PLanungstreffen werden die Schutzmassnahmen gleich angewendet und vermittelt.